vom 2. Oktober 1997
aufgehoben durch
Artikel 1 Nr. 9g des Protokolls Nr. 1 zum Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember
2007
und durch ein Protokoll gleichen Titels ersetzt
(siehe
unten)
DIE HOHEN VERTRAGSPARTEIEN -
ENTSCHLOSSEN, die Bedingungen für die Anwendung der in Artikel 5 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft verankerten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit festzulegen, um die Kriterien für ihre Anwendung zu präzisieren, und die strikte Beachtung und kohärente Anwendung dieser Grundsätze durch alle Organe zu gewährleisten,
IN DEM WUNSCH sicherzustellen, daß Entscheidungen in der Union so bürgernah wie möglich getroffen werden,
IN ANBETRACHT der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 25. Oktober 1993 zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission über die Verfahren zur Anwendung des Subsidiaritätsprinzips,
HABEN BEKRÄFTIGT, daß die Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Birmingham vom 16. Oktober 1992 und das vom Europäischen Rat auf seiner Tagung am 11.-12. Dezember 1992 in Edinburgh vereinbarte Gesamtkonzept für die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips weiterhin die Richtschnur für das Handeln der Gemeinschaftsorgane sowie für die Weiterentwicklung der Anwendung des Subsidiaritätsprinzips bilden werden -
SIND zu diesem Zweck über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt sind:
1. Jedes Organ gewährleistet bei der Ausübung seiner Befugnisse die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips. Jedes Organ gewährleistet ferner die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, demzufolge die Maßnahmen der Gemeinschaft nicht über das für die Erreichung der Ziele des Vertrags erforderliche Maß hinausgehen dürfen.
2. Die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit werden unter Beachtung der allgemeinen Bestimmungen und der Ziele des Vertrags angewandt, insbesondere unter voller Wahrung des gemeinschaftlichen Besitzstands und des institutionellen Gleichgewichts; dabei werden die vom Gerichtshof aufgestellten Grundsätze für das Verhältnis zwischen einzelstaatlichem Recht und Gemeinschaftsrecht nicht berührt, und Artikel 6 Absatz 4 des Vertrags über die Europäische Union, wonach sich die Union mit den Mitteln ausstattet, "die zum Erreichen ihrer Ziele und zur Durchführung ihrer Politiken erforderlich sind", sollte Rechnung getragen werden.
3. Das Subsidiaritätsprinzip stellt nicht die Befugnisse in Frage, über die die Europäische Gemeinschaft aufgrund des Vertrags entsprechend der Auslegung des Gerichtshofs verfügt. Die in Artikel 5 Absatz 2 des Vertrags genannten Kriterien gelten für Bereiche, für die die Gemeinschaft nicht die ausschließliche Zuständigkeit besitzt. Das Subsidiaritätsprinzip ist eine Richtschnur dafür, wie diese Befugnisse auf Gemeinschaftsebene auszuüben sind. Die Subsidiarität ist ein dynamisches Konzept und sollte unter Berücksichtigung der im Vertrag festgelegten Ziele angewendet werden. Nach dem Subsidiaritätsprinzip kann die Tätigkeit der Gemeinschaft im Rahmen ihrer Befugnisse sowohl erweitert werden, wenn die Umstände dies erfordern, als auch eingeschränkt oder eingestellt werden, wenn sie nicht mehr gerechtfertigt ist.
4. Jeder Vorschlag für gemeinschaftliche Rechtsvorschriften wird begründet, um zu rechtfertigen, daß dabei die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten werden; die Feststellung, daß ein Gemeinschaftsziel besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden kann, muß auf qualitativen oder - soweit möglich - auf quantitativen Kriterien beruhen.
5. Maßnahmen der Gemeinschaft sind nur gerechtfertigt, wenn beide Bedingungen des Subsidiaritätsprinzips erfüllt sind: Die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen können nicht ausreichend durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Verfassungsordnung erreicht werden und können daher besser durch Maßnahmen der Gemeinschaft erreicht werden.
Folgende Leitlinien sollten bei der Prüfung
der Frage, ob die genannte Voraussetzung erfüllt ist, befolgt werden:
- Der betreffende Bereich weist transnationale
Aspekte auf, die durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichend
geregelt werden können,
- alleinige Maßnahmen der Mitgliedstaaten
oder das Fehlen von Gemeinschaftsmaßnahmen würden gegen die
Anforderungen des Vertrags (beispielsweise Erfordernis der Korrektur von
Wettbewerbsverzerrungen, der Vermeidung verschleierter Handelsbeschränkungen
oder der Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts)
verstoßen oder auf sonstige Weise die Interessen der Mitgliedstaaten
erheblich beeinträchtigen,
- Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene würden
wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen im Vergleich zu Maßnahmen
auf der Ebene der Mitgliedstaaten deutliche Vorteile mit sich bringen.
6. Für Maßnahmen der Gemeinschaft ist eine möglichst einfache Form zu wählen, wobei darauf geachtet werden muß, daß das Ziel der Maßnahme in zufriedenstellender Weise erreicht wird und die Maßnahme tatsächlich zur Anwendung gelangt. Die Rechtsetzungstätigkeit der Gemeinschaft sollte über das erforderliche Maß nicht hinausgehen. Dementsprechend wäre unter sonst gleichen Gegebenheiten eine Richtlinie einer Verordnung und eine Rahmenrichtlinie einer detaillierten Maßnahme vorzuziehen. Richtlinien nach Maßgabe des Artikels 249 des Vertrags, die für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet sind, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich sind, überlassen den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.
7. Was Art und Umfang des Handelns der Gemeinschaft betrifft, so sollte bei Maßnahmen der Gemeinschaft so viel Raum für nationale Entscheidungen bleiben, wie dies im Einklang mit dem Ziel der Maßnahme und den Anforderungen des Vertrags möglich ist. Unter Einhaltung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften sollten bewährte nationale Regelungen sowie Struktur und Funktionsweise der Rechtssysteme der Mitgliedstaaten geachtet werden. Den Mitgliedstaaten sollten in den Gemeinschaftsmaßnahmen Alternativen zur Erreichung der Ziele der Maßnahmen angeboten werden, sofern dies für eine ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahmen angemessen und erforderlich ist.
8. Führt die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips dazu, daß ein Tätigwerden der Gemeinschaft unterbleibt, so müssen die Mitgliedstaaten bei ihren Tätigkeiten den allgemeinen Vorschriften des Artikels 10 des Vertrags genügen, indem sie alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Vertrag treffen und alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele des Vertrags gefährden könnten, unterlassen.
9. Unbeschadet ihres Initiativrechts sollte die
Kommission
- vor der Unterbreitung von Vorschlägen
für Rechtsvorschriften außer im Falle besonderer Dringlichkeit
oder Vertraulichkeit umfassende Anhörungen durchführen und in
jedem geeigneten Fall Konsultationsunterlagen veröffentlichen;
- die Sachdienlichkeit ihrer Vorschläge
unter dem Aspekt des Subsidiaritätsprinzips begründen; hierzu
sind erforderlichenfalls in der Begründung des Vorschlags ausführliche
Angaben zu machen. Wird eine Gemeinschaftsmaßnahme ganz oder teilweise
aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert, so ist eine Erläuterung
erforderlich;
- gebührend berücksichtigen, daß
die finanzielle Belastung und der Verwaltungsaufwand der Gemeinschaft,
der Regierungen der Mitgliedstaaten, der örtlichen Behörden,
der Wirtschaft und der Bürger so gering wie möglich gehalten
werden und in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel
stehen müssen;
- dem Europäischen Rat, dem Europäischen
Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht über die Anwendung
des Artikels 5 des Vertrags vorlegen. Dieser Jahresbericht ist auch dem
Ausschuß der Regionen und dem Wirtschafts- und Sozialausschuß
zuzuleiten.
10. Der Europäische Rat berücksichtigt den Bericht der Kommission nach Nummer 9 vierter Gedankenstrich im Rahmen des Berichts über die Fortschritte der Union, den er gemäß Artikel 4 des Vertrags über die Europäische Union dem Europäischen Parlament vorzulegen hat.
11. Das Europäische Parlament und der Rat prüfen unter strikter Einhaltung der geltenden Verfahren als Teil der umfassenden Prüfung der Kommissionsvorschläge, ob diese mit Artikel 5 des Vertrags im Einklang stehen. Dies gilt sowohl für den ursprünglichen Vorschlag der Kommission als auch für vom Europäischen Parlament und vom Rat in Betracht gezogene Änderungen an dem Vorschlag.
12. Das Europäische Parlament wird im Rahmen der Anwendung der Verfahren nach den Artikeln 251 und 252 des Vertrags durch die Angabe der Gründe, die den Rat zur Festlegung seines gemeinsamen Standpunkts veranlaßt haben, über die Auffassung des Rates hinsichtlich der Anwendung des Artikels 5 des Vertrags unterrichtet. Der Rat teilt dem Europäischen Parlament mit, weshalb seiner Auffassung nach ein Kommissionsvorschlag ganz oder teilweise im Widerspruch zu Artikel 5 des Vertrags steht.
13. Die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips wird gemäß den Bestimmungen des Vertrags geprüft.
Durch den Vertrag von Lissabon vom 13. Dezember 2007 wurde dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union folgendes Protokoll angefügt, das vorstehendes Protokoll faktisch aufhob:
"Protokoll
über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit
Die Hohen Vertragsparteien -
in dem Wunsch sicherzustellen, dass die Entscheidungen in der Union so bürgernah wie möglich getroffen werden,
entschlossen, die Bedingungen für die Anwendung der in Artikel 3b des Vertrags über die Europäische Union verankerten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit festzulegen und ein System zur Kontrolle der Anwendung dieser Grundsätze zu schaffen -
sind über folgende Bestimmungen übereingekommen, die dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügt sind:
Artikel 1
Jedes Organ trägt stets für die Einhaltung der in Artikel 3b des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit Sorge.
Artikel 2
Die Kommission führt umfangreiche Anhörungen durch, bevor sie einen Gesetzgebungsakt vorschlägt. Dabei ist gegebenenfalls der regionalen und lokalen Bedeutung der in Betracht gezogenen Maßnahmen Rechnung zu tragen. In außergewöhnlich dringenden Fällen führt die Kommission keine Konsultationen durch. Sie begründet dies in ihrem Vorschlag.
Artikel 3
Im Sinne dieses Protokolls bezeichnet "Entwurf eines Gesetzgebungsakts" die Vorschläge der Kommission, die Initiativen einer Gruppe von Mitgliedstaaten, die Initiativen des Europäischen Parlaments, die Anträge des Gerichtshofs, die Empfehlungen der Europäischen Zentralbank und die Anträge der Europäischen Investitionsbank, die den Erlass eines Gesetzgebungsaktes zu Ziel haben.
Artikel 4
Die Kommission leitet ihre Entwürfe für Gesetzgebungsakte und ihre geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten und dem Unionsgesetzgeber gleichzeitig zu.
Das Europäische Parlament leitet seine Entwürfe von Gesetzgebungsakten sowie seine geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten zu.
Der Rat leitet die von einer Gruppe von Mitgliedstaaten, vom Gerichtshof, von der Europäischen Zentralbank oder von der Europäischen Investitionsbank vorgelegten Entwürfe von Gesetzgebungsakten sowie die geänderten Entwürfe den nationalen Parlamenten zu.
Sobald das Europäische Parlamente seine legislativen Entschließungen angenommen und der Rat seine Standpunkte festgelegt hat, leiten sie diese den nationalen Parlamenten zu.
Artikel 5
Die Entwürfe von Gesetzgebungsakten werden im Hinblick auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit begründet. Jeder Entwurf eines Gesetzgebungsakts sollte einen Vermerk mit detaillierten Angaben enthalten, die es ermöglichen zu beurteilen, ob die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurden. Dieser Vermerk sollte Angaben zu den voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen sowie im Fall eienr Richtlinie zu den Auswirkungen auf die von den Mitgliedstaaten zu erlassenden Rechtsvorschriften, einschließlich gegebenenfalls der regionalen Rechtsvorschriften, enthalten. Die Feststellung, dass ein Ziel der Union besser auf Unionsebene erreicht werden kann, beruht auf qualitativen und, soweit möglich, quantitativen Kriterien. Die Entwürfe von Gesetzgebungsakten berücksichtigen dabei, dass die finanzielle Belastung und der Verwaltungsaufwand der Union, der nationalen Regierungen, der regionalen und lokalen Behörden, der Wirtschaftsteilnehmer und der Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich gehalten werden und in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen müssen.
Artikel 6
Die nationalen Parlamente oder die Kammern eines dieser Parlamente können binnen acht Wochen nach dem Zeitpunkt der Übermittlung eines Entwurfs eines Gesetzgebungsakts in den Amtssprachen der Union in einer begründeten Stellungnahme an die Präsidenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission darlegen, weshalb der Entwurf ihres Erachtens nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip vereinbar ist. Dabei obliegt es dem jeweiligen nationalen Parlament oder der jeweiligen Kammer eines nationalen Parlaments, gegebenenfalls die regionalen Parlamente mit Gesetzgebungsbefugnisse zu konsultieren.
Wird der Entwurf eines Gesetzgebungsakts von einer Gruppe von Mitgliedstaaten vorgelegt, so übermittelt der Präsident des Rates die Stellungnahme den Regierungen dieser Mitgliedstaaten.
Wird der Entwurf eines Gesetzgebungsakts vom Gerichtshof, von der Europäischen Zentralbank oder von der Europäischen Investitionsbank vorgelegt, so übermittelt der Präsident des Rates die Stellungnahme dem betreffenden Organ oder der betreffenden Einrichtung.
Artikel 7
(1) Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission sowie gegebenenfalls die Gruppe von Mitgliedstaaten, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank oder die Europäische Investitionsbank, sofern der Entwurf eines Gesetzgebungsakts von ihnen vorgelegt wurde, berücksichtigen die begründeten Stellungnahmen der nationalen Parlamente oder einer der Kammern eines dieser Parlamente.
Jedes nationale Parlament hat zwei Stimmen, die entsprechend dem einzelstaatlichen parlamentarischen System verteilt werden. In einem Zweikammersystem hat jede der beiden Kammern eine Stimme.
(2) Erreicht die Anzahl begründeter Stellungnahmen, wonach der Entwurf eines Gesetzgebungsakts nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht, mindestens ein Drittel der Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten nach Absatz 1 Unterabsatz 2 zugewiesenen Stimmen, so muss der Entwurf überprüft werden. Die Schwelle beträgt ein Viertel der Stimmen, wenn es sich um den Entwurf eines Gesetzgebungsakts auf der Grundlage des Artikels 61i des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union betreffend den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts handelt.
Nach Abschluss der Überprüfung kann die Kommission oder gegebenenfalls die Gruppe von Mitgliedstaaten, das Europäische Parlament, der Gerichtshof, die Europäische Zentralbank oder die Europäische Investitionsbank, sofern der Entwurf eines Gesetzgebungsakts von ihr beziehungsweise ihm vorgelegt wurde, beschließen, an dem Entwurf festzuhalten, ihn zu ändern oder ihn zurückzuziehen. Dieser Beschluss muss begründet werden.
(3) Außerdem gilt im Rahmen des ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens Folgendes: Erreicht die Anzahl begründeter Stellungnahmen, wonach der Vorschlag für einen Gesetzgebungsakt nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht, mindestens die einfache Mehrheit der Gesamtzahl der den nationalen Parlamenten nach Absatz 1 Unterabsatz 2 zugewiesenen Stimmen, so muss der Vorschlag überprüft werden. Nach Abschluss dieser Überprüfung kann die Kommission beschließen, an dem Vorschlag festzuhalten, ihn zu ändern oder ihn zurückzuziehen.
Beschließt die Kommission, an dem Vorschlag festzuhalten, so hat sie in einer begründeten Stellungnahme darzulegen, weshalb der Vorschlag ihres Erachtens mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht. Die begründete Stellungnahme der Kommission wird zusammen mit den begründeten Stellungnahmen der nationalen Parlamente dem Unionsgesetzgeber vorgelegt, damit dieser sie im Rahmen des Verfahrens berücksichtigt:
a) Vor Abschluss der ersten Lesung prüft der Gesetzgeber (das Europäische Parlament und der Rat), ob der Gesetzgebungsvorschlag mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht; hierbei berücksichtigt er insbesondere die angeführten Begründungen , die von einer Mehrheit der nationalen Parlamente unterstützt werden, sowie die begründete Stellungnahme der Kommission.
b) Ist der Gesetzgeber mit der Mehrheit von 55% der Mitglieder des Rates oder einer Mehrheit der abgegebenen Stimmen im Parlament der Ansicht, dass der Vorschlag nicht mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang steht, wird der Gesetzgebungsvorschlag nicht weiter geprüft.
Artikel 8
Der Gerichtshof der Europäischen Union ist für Klagen wegen Verstoßes eines Gesetzgebungsakts gegen das Subsidiaritätsprinzip zuständig, die nach Maßgabe des Artikels 230 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union von einem Mitgliedstaat im Namen seines nationalen Parlaments oder einer Kammer dieses Parlaments übermittelt werden.
Nach Maßgabe des genannten Artikels können entsprechende Klagen in Bezug auf Gesetzgebungsakte, für deren Erlass die Anhörung des Ausschusses der Regionen nach dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgeschrieben ist, auch vom Ausschuss der Regionen erhoben werden.
Artikel 9
Die Kommission legt dem Europäischen Rat, dem Europäischen Parlament, dem Rat und den nationalen Parlamenten jährlich einen Bericht über die Anwendung des Artikels 3b des Vertrags über die Europäische Union vor. Dieser Jahresbericht wird auch dem Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen zugeleitet."
Durch den Artikel 5 des Vertrages von Lissabon vom 13.
Dezember 2007 wurde im Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der
Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit der Hinweis auf
- den "Artikel 3b" EUV (3x) ersetzt durch: "Artikel 5" EUV.
- den "Artikel 61i" AEUV ersetzt durch: "Artikel 76" AEUV.
- den "Artikel 230" AEUV ersetzt durch: "Artikel 263" AEUV.