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Protokoll
über den in den Rahmen der Europäischen Union einbezogenen Schengen-Besitzstandes

vom 13. Oktober 2004


Die Hohen Vertragsparteien
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EINGEDENK dessen, dass die Bestimmungen des Schengen-Besitzstands, der aus den von einigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union am 14. Juni 1985 und am 19. Juni 1990 in Schengen unterzeichneten Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen sowie aus den damit zusammenhängenden Übereinkommen und den auf deren Grundlage erlassenen Regelungen besteht, durch ein Protokoll zum Vertrag über die Europäische Union und zum Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen wurden,

IN DEM WUNSCH, den seit Inkrafttreten des genannten Protokolls weiterentwickelten Schengen-Besitzstand im Rahmen der Verfassung zu wahren und diesen Besitzstand fortzuentwickeln, um zur Verwirklichung des Ziels beizutragen, den Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ohne Binnengrenzen zu bieten,

MIT RÜCKSICHT auf die besondere Position Dänemarks,

MIT RÜCKSICHT darauf, dass Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sich nicht an sämtlichen Bestimmungen des Schengen-Besitzstands beteiligen, es diesen Mitgliedstaaten jedoch ermöglicht werden sollte, andere Bestimmungen dieses Besitzstands ganz oder teilweise anzunehmen,

IN DER ERKENNTNIS, dass es infolgedessen erforderlich ist, auf die in der Verfassung enthaltenen Bestimmungen über eine Verstärkte Zusammenarbeit zwischen einigen Mitgliedstaaten zurückzugreifen,

MIT RÜCKSICHT DARAUF, dass es notwendig ist, ein besonderes Verhältnis zur Republik Island und zum Königreich Norwegen aufrechtzuerhalten, da diese beiden Staaten sowie diejenigen nordischen Staaten, die Mitglieder der Europäischen Union sind, durch die Bestimmungen der Nordischen Passunion gebunden sind —

SIND über folgende Bestimmungen ÜBEREINGEKOMMEN, die dem Vertrag über eine Verfassung für Europa beigefügt sind:

ARTIKEL 1

Das Königreich Belgien, die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Estland, die Hellenische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, die Republik Zypern, die Republik Lettland, die Republik Litauen, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Ungarn, die Republik Malta, das Königreich der Niederlande, die Republik Österreich, die Republik Polen, die Portugiesische Republik, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik, die Republik Finnland und das Königreich Schweden werden ermächtigt, untereinander eine Verstärkte Zusammenarbeit in den Bereichen der vom Rat festgelegten Bestimmungen, die den Schengen-Besitzstand bilden, durchzuführen. Diese Zusammenarbeit erfolgt innerhalb des rechtlichen und institutionellen Rahmens der Union und unter Beachtung der einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.

ARTIKEL 2

Der Schengen-Besitzstand ist unbeschadet des Artikels 3 des Protokolls betreffend den Vertrag und die Akte über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik für die in Artikel 1 aufgeführten Mitgliedstaaten anwendbar. Der Rat tritt an die Stelle des durch die Schengener Übereinkommen eingesetzten Exekutivausschusses.

ARTIKEL 3

Die Beteiligung Dänemarks am Erlass der Maßnahmen, die eine Weiterentwicklung des Schengen- Besitzstands darstellen, sowie die Umsetzung und Anwendung dieser Maßnahmen in Dänemark unterliegt den einschlägigen Bestimmungen des Protokolls über die Position Dänemarks.

ARTIKEL 4

Irland und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland können jederzeit beantragen, dass einzelne oder alle Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auch auf sie Anwendung finden sollen.

Der Rat erlässt einen Europäischen Beschluss über einen solchen Antrag. Er beschließt einstimmig mit den Stimmen der in Artikel 1 genannten Mitglieder und des Mitglieds, das die Regierung des betreffenden Mitgliedstaats vertritt.

ARTIKEL 5

Vorschläge und Initiativen auf der Grundlage des Schengen-Besitzstands unterliegen den einschlägigen Bestimmungen der Verfassung.

In diesem Zusammenhang gilt, sofern Irland oder das Vereinigte Königreich oder beide Mitgliedstaaten dem Präsidenten des Rates nicht innerhalb eines vertretbaren Zeitraums schriftlich mitgeteilt haben, dass sie sich beteiligen möchten, die Ermächtigung nach Artikel III‑419 Absatz 1 der Verfassung gegenüber den in Artikel 1 genannten Mitgliedstaaten sowie gegenüber Irland oder dem Vereinigten Königreich als erteilt, sofern einer dieser beiden Mitgliedstaaten sich an den betreffenden Bereichen der Zusammenarbeit beteiligen möchte.

ARTIKEL 6

Die Republik Island und das Königreich Norwegen werden bei der Durchführung des Schengen- Besitzstands und bei seiner weiteren Entwicklung assoziiert. Die entsprechenden Verfahren hierfür werden in einer Übereinkunft mit diesen Staaten festgelegt, das vom Rat mit einstimmigem Beschluss seiner in Artikel 1 genannten Mitglieder geschlossen wird. Diese Übereinkunft enthält auch Bestimmungen über den Beitrag Islands und Norwegens zu etwaigen finanziellen Folgen der Durchführung dieses Protokolls.

Mit Island und Norwegen schließt der Rat mit einstimmigem Beschluss eine gesonderte Übereinkunft zur Festlegung der Rechte und Pflichten zwischen Irland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland einerseits und Island und Norwegen andererseits in den für diese Staaten geltenden Bereichen des Schengen-Besitzstands.

ARTIKEL 7

Bei den Verhandlungen über die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die Europäische Union gelten der Schengen-Besitzstand und weitere Maßnahmen, welche die Organe im Rahmen seines Anwendungsbereichs getroffen haben, als ein Besitzstand, der von allen Staaten, die Beitrittskandidaten sind, vollständig zu übernehmen ist.


Quelle: Bundesgesetzblatt Teil II 2008 S. 1165ff.
Amtsblatt der Europäischen Union
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