Geheimschutzübereinkommen der WEU

vom 28. März 1995

ab dem 1. Juli 2001 faktisch gegenstandslos

Die Hohen Vertragschließenden Teile - im folgenden als "Vertragsparteien" bezeichnet - des am 17. März 1948 in Brüssel unterzeichneten Vertrags über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit und über kollektive Selbstverteidigung in der durch das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Protokoll und die anderen Protokolle und Anlagen, die Bestandteile desselben sind, geänderten und ergänzten Fassung, im folgenden als "Vertrag" bezeichnet -

in Anbetracht der von den Hohen Vertragsparteien des Vertrags über die Europäische Union gefaßten Beschlüsse betreffend die Verwirklichung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der diesbezüglichen Erklärung der Westeuropäischen Union,

in Bestätigung dessen, daß wirksame politische Konsultationen, technische und industrielle Zusammenarbeit, Kooperation und Einsatzplanung im Rahmen humanitärer und friedenserhaltender Aufgaben sowie Einsätze zur Bewältigung von Krisen dem Zweck dienen, die Ziele des Vertrags und der oben genannten Erklärung zu erreichen,

in der Erkenntnis, daß die Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele den Austausch geheimhaltungsbedürftiger Informationen und Unterlagen zwischen den Vertragsparteien erfordern,

in der Erkenntnis, daß die Entschließung über den Geheimschutz in der Westeuropäischen Union, die vom Rat der Westeuropäischen Union im WEU-Dokument C(90)53 vom 21. Mai 1990 angenommen wurde, einer Revision bedarf,

handelnd im eigenen Namen und im Namen der Westeuropäischen Union -

sind wie folgt übereingekommen:

Artikel 1. Die Vertragsparteien
1. schützen und sichern die geheimhaltungsbedürftigen Informationen und Unterlagen der anderen Vertragsparteien;
2. behalten den Geheimhaltungsgrad bei, den eine Vertragspartei von ihr ausgehenden Informationen und Unterlagen zugeordnet hat, und sind nach Kräften bemüht, diese Informationen und Unterlagen entsprechend zu sichern;
3. verwenden diese Informationen und Unterlagen nur für die im Vertrag und in den Vertrag betreffenden Beschlüssen und Entschließungen niedergelegten Zwecke;
4. geben diese Informationen und Unterlagen nicht ohne Zustimmung des Urhebers an Dritte weiter.

Artikel 2. Nach Artikel 1 schaffen die Vertragsparteien eine nationale Sicherheitsorganisation sowie nationale Sicherheitsprogramme, die auf vereinbarten Sicherheitsgrundsätzen und -mindeststandards beruhen; diese werden im Rahmen der Geheimschutzsysteme der Vertragsparteien umgesetzt, um die Anwendung eines gemeinsamen Geheimschutzstandards sicherzustellen.

Artikel 3. (1) Die Vertragsparteien stellen sicher, daß alle ihre Staatsangehörigen, die in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Zugang zu als VS-VERTRAULICH oder höher eingestuften Informationen oder Unterlagen benötigen oder haben können, in angemessener Weise einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden, bevor sie ihre Tätigkeit aufnehmen.

(2) Die Verfahren der Sicherheitsüberprüfung dienen der Feststellung, ob eine Person unter Berücksichtigung ihrer Loyalität und Vertrauenswürdigkeit Zugang zu geheimhaltungsbedürftigen Informationen haben kann, ohne ein Sicherheitsrisiko darzustellen.

(3) Auf Ersuchen leisten sich die Vertragsparteien gegenseitig Hilfe bei der Sicherheitsüberprüfung.

Artikel 4. Artikel 1 gilt für geheimhaltungsbedürftige Informationen und Unterlagen, die eine Vertragspartei einer anderen Vertragspartei oder nachgeordneten Stelen des Rates übermittelt oder zur Verfügung stellt oder die nachgeordnete Stellen des Rates einer Vertragspartei übermitteln oder zur Verfügung stellen.

Artikel 5. Der Generalsekretär stellt sicher, daß die einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens von den nachgeordneten Stellen des Rates angewendet werden.

Artikel 6. Dieses Übereinkommen hindert die Vertragsparteien nicht, zweiseitige Abkommen zu demselben Zweck zu schließen. Bestehende zweiseitige Abkommen bleiben unberührt.

Artikel 7. Dieses Übereinkommen ersetzt die Entschließung über den Geheimschutz in der Westeuropäischen Union, die vom Rat der WEU im WEU-Ratsdokument C(90)53 vom 21. Mai 1990 angenommen wurde.

Artikel 8. (1) Dieses Übereinkommen liegt für die Vertragsparteien des am 17. März 1948 in Brüssel unterzeichneten Vertrags über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit und über kollektive Selbstverteidigung in der durch das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Protokoll und die anderen Protokolle und Anlagen, die Bestandteile desselben sind, geänderten und ergänzten Fassung zur Unterzeichnung auf.

(2) Verwahrer dieses Abkommens ist die Regierung von Belgien.

(3) Die Staaten können ihre Zustimmung, durch dieses Übereinkommen gebunden zu sein, ausdrücken,
a) indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen,
b) indem sie es vorbehaltlich der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen oder
c) indem sie ihm beitreten.

(4) Dieses Übereinkommen tritt dreißig Tage nach dem Tag in Kraft, an dem vier Staaten es entweder ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnet oder eine Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde hinterlegt haben.

(5) Für jeden Staat, der eine Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde zu diesem Übereinkommen hinterlegt, nachdem die Bedingungen für dessen Inkrafttreten erfüllt sind, wird die Ratifikation, die Annahme, die Genehmigung oder der Beitritt dreißig Tage nach dem Tag der Hinterlegung wirksam.

Artikel 9. (1) Nach seinem Inkrafttreten steht dieses Übereinkommen jedem Staat zum Beitritt offen, der Vertragspartei des am 17. März 1948 in Brüssel unterzeichneten Vertrags über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit und über kollektive Selbstverteidigung in der durch das am 23. Oktober 1954 in Paris unterzeichnete Protokoll und die anderen Protokolle und Anlagen, die Bestandteile desselben sind, geänderten und ergänzten Fassung wird.

(2) Für jeden beitretenden Staat tritt dieses Übereinkommen dreißig Tage nach dem Tag der Hinterlegung der Beitrittsurkunde beim Verwahrer in Kraft.

Artikel 10. Dieses Übereinkommen kann von jeder Vertragspartei durch schriftliche Kündigungsanzeige an den Verwahrer, der alle anderen Vertragsparteien von dieser Anzeige in Kenntnis setzt, gekündigt werden. Die Kündigung wird ein Jahr nach  Eingang der Notifikation beim Verwahrer wirksam, berührt jedoch nicht die von den Vertragsparteien aufgrund des Übereinkommens bereits eingegangenen Verpflichtungen und erworbenen Rechte oder Vorrechte.

    Zu Urkund dessen haben die hierzu von ihren Regierungen gehörig befugten Unterzeichneten dieses Übereinkommen unterschrieben.

    Geschehen zu Brüssel am 28. März 1995 in einer Urschrift in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist; sie wird im Archiv der belgischen Regierung hinterlegt; diese übermittelt jedem der anderen Unterzeichner beglaubigte Abschriften.

Das Übereinkommen ist am 28 November 1996 in Kraft getreten (Ratifikation durch Frankreich, Niederlande, Portugal und Spanien), am 26. Oktober 1997 ist das Übereinkommen für Italien, am 4. Januar 1998 für Deutschland, am 18. September 1998 für Griechenland, am 20. Februar 1999 für das Vereinigte Königreich und am 7. Oktober 2000 für Belgien in Kraft getreten. Allein die Ratifikation durch Luxemburg fehlt noch.
 


Quelle: Bundesgesetzblatt Teil II. 1997 S. 1381ff.
Organisation der Westeuropäischen Union
© 23. Februar 2003
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